Die erste Nacht nach unserer Abfahrt am 08.04.14 war extrem kurz, denn sie war schon bis 2.00 vorgeschritten, als wir in einem Kleinbus in Had Kourt ankamen. Zwei Kollegen und übernächtigte Schüler erwarteten uns. Die Schüler begrüßten mit Handschlag, die Schülerinnen mit Küsschen links und drei Mal rechts. Die Verteilung auf die Gastfamilien erfolgte unter einer Straßenlaterne nach einer arabisch geschriebenen Liste, und bald verschwanden die Grüppchen mit den Koffern zwischen den Häusern.
Am nächsten Morgen wurden wir im Rathaus empfangen. Das Fernsehen hatte sich angekündigt und auch den Aufbruch eines Teams gemeldet, aber es kam nie an, blieb verschollen wie das malaysische Flugzeug einige Zeit zuvor. Später erfuhren wir, dass es versehentlich bei einer anderen deutschen Gruppe gelandet war, die sich zur gleichen Zeit in der nahen Provinzhauptstadt aufhielt.
Die eigentliche Projektarbeit – von Anfang an wesentlicher Bestandteil unserer Schulpartnerschaft – erfolgte in fünf gemischten Gruppen, und erstmals gingen wir dabei über den Rahmen der Schule und des Internats hinaus. Beeindruckt von der deutschen Sauberkeit hatten sich unsere Partner gewünscht, dass in einem Workshop Mülleimer für die Stadt gebaut und installiert würden – bisher landet Abfall auf der Straße oder der Wiese. Daraus hatte sich die Idee entwickelt, auch etwas für die Müllreduzierung zu machen, was durch den Bau einer Kompostanlage im Jungeninternat geschah. In einer weiteren Arbeitsgruppe, der auch ein Schüler der Rudolf-Steiner-Schule angehörte, wurde für einen kleinen Kindergarten ohne Garten eine Kletterburg gebaut. Ein anderes Atelier vermittelte die Anfertigung von marokkanischem Kunsthandwerk, und die letzte Gruppe drehte einen interkulturellen Kurzfilm und dokumentierte das ganze Projekt. Mit der Betonierung des noch nicht befestigten Teils des Schulhofes, der dadurch für den Sportunterricht nutzbar gemacht werden sollte, wurde eine lokale Firma beauftragt. Für dieses Projekt hatte die Klasse 8a von Fr. Erhardt bei einer friendly-service-Aktion bei real über 1000,- € gesammelt. (Dank dieser Klasse hatten die Bewohner des Jungeninternats zuvor schon Bänke für ihren Internatshof bekommen, die unter der Leitung eines gewählten Umweltkomitees angestrichen und schön arrangiert worden waren.)
Die Kompostgruppe erhielt so große Unterstützung durch die Internatsbewohner, dass sie frühzeitig fertig war und noch das Streichen und Bemalen der Wände im Kindergarten übernehmen konnte. Die Metallmüllkörbe hatte ein örtlicher Handwerker hergestellt, die Verhandlungen mit der Gemeinde wegen des Leerens waren auch schon abgeschlossen, so dass nur noch das Anstreichen und Installieren zu erledigen war. Die Gruppe beschloss, die Mülleimer in den Schulen der Stadt, sowie in deren Umgebung anzubringen. Kaum hingen sie an den Straßenlaternen, sammelte sich tatsächlich Müll darin. Der Besitzer des nahen Kiosks wollte einen Mülleimer direkt vor seinem Kiosk haben, auch das Krankenhaus bat um die Installation eines Mülleimers in seinem Eingangsbereich. Die Wünsche weiterer Institutionen konnten dann nicht mehr bedient werden, da alle 15 Mülleimer schon verteilt waren. Der Kurzfilm, den wir eigentlich zur Müllproblem-Sensibilisierung drehen wollten, existierte bereits, nämlich von unserem Film-Workshopleiter, dem jungen Künstler Tarik Kounach, der für seinen Film sogar mehrere Preise erhalten hatte. So wurde stattdessen ein interkultureller Film gedreht. Das Holz für die Kletterburg, die Anne Geier entworfen und berechnet hatte, kam von einem nahen Schreiner und wurde von einem Motorrad mit Anhänger fertig zu gesägt geliefert. Die Kindergartenkinder verfolgten den Bau gespannt und mit großen Augen. Sie bekamen auch noch neue Tafeln an die Wand gestrichen, denn marokkanische Kindergartenkinder müssen schon Schreiben, Lesen und Rechnen lernen und haben auch schon Französischunterricht.
Überall wurden wir sehr herzlich aufgenommen und ständig bewirtet, wobei unsere 6 Vegetarierinnen eine gewisse Verwunderung hervorriefen. Wir hatten das Glück, das gleichzeitig ein traditionelles Festival mit über 1600 Pferden stattfand. An den Rändern der Stadt wurden pittoreske Zelte für die vielen Besucher errichtet, denn Hotels gibt es hier nicht. Zwischen den Zelten grasten die Pferde oder wurden geputzt und geschmückt. Bei der Hauptveranstaltung kam es darauf an, dass ein galoppierender Trupp kurz vor der Tribüne gleichzeitig zum Stehen kam und synchron einen Schuss in die Luft abgab. Unsere Gastgeber hatten erwirkt, dass wir bei der offiziellen Eröffnung, zu der auch der Provinzgouverneur und etliche nationale Minister kamen, mit im Zelt der Ehrengäste sitzen durften.
Desweiteren besuchten wir den umtriebigen Wochenmarkt, machten einen Tagesausflug über die römische Ruinenstadt Volubilis in die Königsstadt Fès und einmal auch ans Meer. Dabei war jeweils schon die Busfahrt ein Erlebnis, denn Lehrer und Schüler sangen und trommelten, dass kein Auge trocken blieb. Zuletzt luden wir zu einem Tag der offenen Tür, zeigten unsere Projektergebnisse und feierten ein Abschiedsfest, bei dem alle unsere Mädels mit Henna verschönert wurden. Der Abschied fiel schwer nach der intensiven Zeit!
Ganz herzlich möchten wir uns bei unseren Unterstützern bedanken: beim Pädagogischen Auslands-Dienst, bei der Waldorfstiftung, bei unserem Hauptsponsoren Eduard Ruf, sowie bei den Familien Patulny und Ditsch. Auch bei den Eltern der Teilnehmer und bei den Teilnehmern selber, die sich sowohl für die Finanzierung als auch sehr engagiert für das Gelingen vor Ort eingesetzt haben! Im Namen unserer marokkanischen Partner danken wir ganz besonders auch der Klasse 8a für ihre große Spende!