Sechs Schülerinnen und ein Schüler der Klassen 10 bis 12 waren bereit, als Pioniere zur ersten Begegnung mit unseren Partnern in Marokko zu starten. Vom 4. bis 13. August bauten wir unter der Anleitung von Physiker Alfred Körblein auf dem Dach des Jungeninternats unserer Partnerschule in Had Kourt zwei Solarabsorber zur Warmwassergewinnung für Waschräume und Küche.
Das Material transportierten wir mit dem Auto, die Schüler kamen mit Alfred Körblein per Flugzeug und Zug.

Wir hatten also zwei Tage Zeit, alles vorzubereiten und z.B. Leitern zu organisieren, denn es stellte sich heraus, dass es keinen Treppen-Zugang zum Dach gab, wie sonst bei marokkanischen Häusern. Gewohnt haben wir bei dieser ersten Begegnung alle zusammen im Haus eines Kollegenehepaars, womit wir gleich eine Ahnung von der typischen arabischen Gastfreundschaft bekamen. Zu unserem Empfang hatte unser Projektpartner Chafik Graiger die Honortioren des Städtchens im Lehrerzimmer versammelt und süßes Gebäck und Tee organisiert. Dann begann die Projektarbeit, die uns bei der Augusthitze ganz schön zusetzte. Zum Programm gehörte auch, dass wir uns gegenseitig unsere Sprachen beibrachten, wenigstens ein bisschen. Als sich unsere Schüler darüber wunderten, junge Männer Hand in Hand durch die Straßen schlendern zu sehen, tauschten wir uns darüber aus, in welchen Situationen und in welcher Art Menschen in unserer jeweiligen Kultur Körperkontakt haben – z. B. bei der Begrüßung. Das wurde dann gleich praktisch demonstriert und löste große Heiterkeit aus. Höhepunkte des Freizeitprogramms waren der Besuch des Souks, des Wochenmarktes von Had Kourt, und der Königsstadt Fès.

Nur eine der marokkanischen Projektteilnehmerinnen trug das Kopftuch. Sie sprach einen Reisesegen, als wir um 6.00 früh mit zwei kleinen Bussen nach Fès aufbrachen. Anschließend begannen alle aus voller Kehle zu singen. das Repertoire unserer marokkanischen Freunde schien unerschöpflich. Auch der Busfahrer sang mit und unterbrach nur kurz, als er bei voller Fahrt einen Hund überfuhr, dann während einer Polizeikontrolle und wenn er nach dem Weg fragen musste. Die Marokkaner sind so kommunikativ, dass sie lieber 10 Mal fragen, als sich einmal auf der Karte zu orientieren. Unterwegs besichtigten wir die Ruinen der römischen Stadt Volubilis mit ihren wunderschönen Bodenmosaiken. In Fès beeindruckten uns die gewaltigen Festungsmauern im Kontrast zur filigranen Ornamentik der Medersa, einer mittelalterlichen Universität. Nach der Besichtigung übten sich unsere Schüler dann im Handeln und wurden von ihren marokkanischen Kameraden dabei bestens unterstützt. Der junge Religionslehrer Abdoullah, der jedes Spiel und jeden Spaß mitmachte und das Islambild der Schüler nachhaltig differenzierte, passte auf, dass im Gewühl des Souks niemand verloren ging. Für die Marokkaner war allerdings die größte Sensation der Besuch des Supermarkts – so etwas gab es nämlich nur in den ganz großen Städten.
Immer wieder erfuhren wir eine unglaubliche Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft. Mal bekamen wir auf dem Markt ein Huhn geschenkt, mal wurden wir alle zusammen zum Essen eingeladen, wobei unsere Schüler erstaunlich schnell ohne Hemmungen mit den Händen zulangten, mal schoss der Vermittler der Autoversicherung für Marokko spontan ein Drittel der Summe aus seinem privaten Portemonnaie dazu.

Unsere Schüler waren froh, das Land nicht als Touristen sondern als Projektpartner kennengelernt zu haben. Sie waren sich einig, dass sich ihr Bild von der islamischen Kultur sehr differenziert hat, aber auch, dass sie all das, was sie in Deutschland selbstverständlich zur Verfügung haben, auf einmal ganz neu schätzen würden.
Siehe auch Artikel in der Erziehungskunst