Eigentlich hätten unsere marokkanischen Gäste schon im Juni kommen sollen, aber dann hat das marokkanische Bildungsministerium plötzlich die Abitur- und Jahresabschlussprüfungen nach hinten verschoben, weil wegen der Jugendproteste zu viel Unterricht ausgefallen wäre, um die Prüfungen fristgerecht ordentlich durchführen zu können. Darum kamen sie erst am 6. September.

Wir zeigten unseren Gästen unsere Schule, unsere Stadt, die Stadt Friedberg, die Berge, Schloss Linderhof, das Klärwerk, das tim, MAN (Museum und Großdieselwerk), die Kahnfahrt, einen Biohof und das Herrenhaus Bannacker, wo wir ein klassisches Konzert genossen. Etliche sahen zum ersten Mal in ihrem Leben ein Schwein, manche saßen zum ersten Mal auf einem Fahrrad oder in einem Ruderboot, oder sie betraten erstmals eine christliche Kirche. Obwohl Loula noch nie eine Bowlingkugel in der Hand gehalten hatte, streckte er auf Anhieb sämtliche Kegel nieder, woraufhin der Jubel seiner und unserer Schüler beinahe den der übrigen Gäste bei Bob’s übertönte, die sich zeitgleich über das erste Tor des FCA gegen Bayer Leverkusen freuten.

Unsere Marokkaner knipsten mindestens so viel wie das japanischen Touristen nachgesagt wird, oder baten uns, sie zu knipsen, z. B. vor der voll bestückten Theke der Bar im Damenhof oder mit den verschiedenfarbigen Mülltonnen vor dem Haus. Mit großem Engagement packten sie bei der gemeinsamen Projektarbeit an und schwangen stolz Hammer und Bohrmaschine, so dass sowohl die Bänke zum Schutz der Heizkörper in der Cafeteria, als auch die Holzterrasse für den Werkhof fristgerecht und feierlich-fröhlich den Nutzern übergeben werden konnten. In den interkulturellen Gesprächsrunden ging es ebenso lebhaft zu, wie beim Arabisch- bzw. Deutschlernen. Neun SchülerInnen der Klassen 10 und 11 unserer Schule machten mit. Ihre Sensibilität, ihr Mitdenken und ihr Einsatz trugen viel zum Gelingen des Projekts bei. Interessant: wie schon im letzten Jahr hatten sich lauter Mädchen und nur ein Junge zu einer Teilnahme beim Marokkoprojekt entschlossen.

Augsburg zeigte sich sehr gastfreundlich. Bildungsreferent Köhler und unsere Kollegin Fr. Gödecke-Stöhning begrüßten unsere marokkanischen Gäste im Fürstenzimmer des Rathauses mit herzlichen Worten, etliche Augsburger Gastwirte luden sie zu einem Getränk oder einer Mahlzeit oder sogar zu beidem ein (Café Eber, Kaffeehaus im Thalia, Bob’s Coffee, Nunó), beim Konzert wurde ihnen der Eintritt erlassen, und auch die Gastfamilien ließen es an nichts fehlen!

An einem Tag bereiteten wir gemeinsam in der Schulküche unter Asmahs Regie einen marokkanischen Couscous zu. Noch nie hatte sie für so viele hungrige Münder gekocht, und man merkte ihr die Anspannung an. Aber die verschwand schlagartig, als große und kleine Schüler das Essen in den höchsten Tönen variantenreich lobten. Da war sie ganz gerührt. Dramatisch wurde es, als uns vorübergehend eine marokkanische Schülerin abhanden kam. Der erlittene Schrecken war zum Glück schnell vergessen und wurde wettgemacht durch ein ebenso unerwartetes, aber freudiges Ereignis, die Verleihung des (dritten) Zukunftspreises der Stadt Augsburg in der Kategorie Nachhaltige Entwicklung.